Pflegewissenschaflter Detlef Rüsing über Alzheimer und Sexualität

Foto des Pflegeforschers Detlef Rüsing
  |   Alzheimer

Pflegeforscher Detlef Rüsing im Interview mit der AFI: Alzheimer ist in der Mitte unserer Gesellschaft und eine gesellschaftliche Herausforderung. Anlässlich des Welt-Alzheimer-Tags am 21. September blicken wir über den Tellerrand. Lesen Sie Gespräche mit einer Literaturwissenschaftlerin, einem Humangenetiker, einem Philosophen und einem Pflegeforscher.

Muss Alzheimer und Sexualität ein Tabuthema sein? Nicht wenn es nach Detlef Rüsing geht. Für ihn ist es selbstverständlich, dass demenziell erkrankte Menschen ihre Sexualität ausleben dürfen und sollen. Im Interview spricht Rüsing über ein vermeintlich heikles Thema, dass eigentlich ganz normal sein könnte. „Der Umgang mit der Sexualität anderer hat immer etwas mit dem eigenen Umgang mit diesem Thema zu tun“, sagt Rüsing.


Warum wurde so lange kaum über Sexualität und Demenz gesprochen?

Ich glaube, dass seit ewigen Zeiten ständig über dieses Thema gesprochen wurde und gesprochen wird. Es war – wie so oft beim Thema Sexualität – eher im Verborgenen. Die sogenannte Fachwelt allerdings hat das Thema erst vor etwa 5-6 Jahren „entdeckt“.

Wie kann sich die Sexualität durch die Alzheimer-Krankheit verändern?

Sexualität spielt bei Personen immer eine Rolle. Wir müssen vorsichtig sein, dass wir die sexuelle Vereinigung nicht als Einziges in den Fokus bei diesem Thema nehmen. Aber natürlich wissen wir von der Abnahme der Libido im Alter bei vielen Personen. Dies ist zunächst einmal unabhängig von der Demenzerkrankung. Allerdings wissen wir bei einigen Personen von enthemmten Verhalten – auch die Sexualität betreffend – als ein mögliches Symptom der Alzheimer-Erkrankung. Wir sollten uns aber fragen, ob wir nicht allzu schnell den Wunsch und die Suche nach einem Sexualpartner bei alten und/oder demenzerkrankten Menschen als „Enthemmung“ begreifen. Das wiederum hat etwas mit unserem gesellschaftlichen Bild von Alter und Krankheit zu tun.

Haben demenziell erkrankte Menschen ein Recht auf Sexualität?

Auf diese Frage gibt es in meinen Augen nur ein  vehementes „Ja“. Allein, dass es eine Frage nach einem „Recht auf Sexualität“ für Demenzerkrankten gibt, lässt mich erschauern und macht Furcht vor dem Alter!

Wie kann in der Pflege mit dem Wunsch nach Sexualität von Menschen mit Alzheimer umgegangen werden? Wie sollten sich Pflegekräfte hier verhalten?

Dies ist ausgesprochen komplex. Der Umgang mit der Sexualität anderer hat immer etwas mit dem eigenen Umgang mit diesem Thema zu tun. Und trotzdem haben Pflegende einen eindeutigen Auftrag: Dieser besagt, dass es zur Arbeit und dem „state of the art“ der Pflege gehört, Menschen zu unterstützen, sich als Mann oder Frau zu fühlen. Und dieses Postulat schließt den Körper unterhalb der Gürtellinie nicht aus. Wie weit wir dabei gehen (müssen), sollten wir diskutieren und vereinbaren…

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