„Ergebnisse wirklich vielversprechend“

Portrait der Forscherin Prof. Dr. Christa E. Müller
  |   Forschung

Koffein zählt zu den weltweit am häufigsten konsumierten psychoaktiven Substanzen. Es ist in Kaffee und Tee enthalten oder Süßgetränken zugesetzt. Seit einiger Zeit gibt es Hinweise darauf, dass Kaffee- und Tee-Trinker in höherem Alter bessere Gedächtnisleistungen zeigen und ein verringertes Risiko aufweisen, an Alzheimer zu erkranken.

Im Rahmen eines deutsch-französischen Forschungsprojekts konnte ein Team um Prof. Dr. Christa E. Müller von der Universität Bonn und Dr. David Blum (Inserm U837, Lille) nun erstmals zeigen, dass sich Koffein positiv auf Tau-Ablagerungen bei der Alzheimer-Krankheit auswirkt. Das zweijährige Projekt wurde mit 30.000 Euro von der AFI und mit 50.000 von der französischen Partnerorganisation LECMA unterstützt.

Nach dem erfolgreichen Abschluss des Forschungsprojekts haben wir mit Prof. Müller gesprochen.

1. Herzlichen Glückwunsch zu Ihren Ergebnissen. Erst einmal etwas Grundlegendes: Kürzlich wurde massiv Kritik an der medizinischen Forschung geübt. Führende Köpfe beklagten, dass 85% der Forschungsgelder verschwendet würden, weil die Forscher sich nicht ausreichend über Voruntersuchungen auf ihrem Gebiet informierten, die falschen Fragen stellten oder ungeeignete Methoden anwendeten. Was meinen Sie dazu?

Diese Zahl erscheint mir völlig aus der Luft gegriffen. Es gibt natürlich Forschungsarbeiten, die erfolglos sind, aber wenn man das vorher wüsste, würde man sie nicht in Angriff nehmen. Die große Mehrzahl an Wissenschaftlern, die ich kenne, besitzt hohe ethische Maßstäbe. Jeder Nachwuchswissenschaftler lernt als erstes, wie wichtig Literaturrecherchen sind. Man will das Rad ja nicht neu erfinden und damit Zeit verschwenden.

Nur wenn man relevante Fragen stellt und geeignete Methoden einsetzt, um diese zu beantworten, wird man die Ergebnisse in den international hochrangigen Fachjournalen publizieren können. Und nur dann wird man weiterhin Mittel bekommen, um neue Forschungsprojekte durchzuführen. Man wünschte sich sogar manchmal, dass die Geldgeber etwas risikobereiter wären und auch Projekte fördern würden, die zwar riskanter sind, dafür aber vielleicht zu einem Quantensprung führen könnten.

2. Warum haben Sie sich in Ihrem Forschungsprojekt auf die Tau-Pathologie konzentriert nach den Erfolgen bei Beta-Amyloid? Man hätte doch auch dort weitermachen können?

Wir wollten zunächst sehen, ob die Effekte nur auf die Amyloid-Pathologie beschränkt sind, oder ob man auch einen Effekt auf die Tau-Pathologie sieht. Wenn sowohl die durch Amyloid aus auch die durch Tau ausgelösten neurodegenerativen Effekte beeinflusst würden, wäre der zu erwartende therapeutische Nutzen umso größer.

Nachdem wir das zeigen konnten, wollen wir nun, mit einem ganz neuen Tiermodell, die Amyloid-Pathologie genauer untersuchen. Dieses Modell imitiert sehr gut das Krankheitsbild beim Menschen, d.h. die Symptome werden immer schlimmer, je älter die Tiere sind. Und wir behandeln - wie dies beim Patienten der Fall wäre - erst nachdem die ersten Symptome aufgetreten sind, und dann chronisch, für lange Zeit (3 Monate beim Tier, das entspricht mehreren Jahren beim Menschen).

3. Im Interview zu Beginn der geförderten Arbeit sagten Sie auch, dass die Ergebnisse dazu beitragen könnten, eine neue Klasse von Medikamenten zu entwickeln. Wie gestalten sich die nächsten Schritte in diesem Prozess?

Wir sind auf diesem Weg einen guten Schritt vorangekommen. Die Ergebnisse der Studie, sind wirklich vielversprechend, denn wir konnten erstmals zeigen, dass A2A-Adenosinrezeptor-Antagonisten in einem Tiermodell, das der Krankheit sehr ähnlich ist, bei chronischer Gabe (die der Arzneimitteltherapie eines Alzheimer-Patienten entspricht) tatsächlich sehr positive Wirkungen haben. Und die Nebenwirkungen sind gering.

Wir wollen nun noch eine weitere wichtige Langzeit-Tierstudie anschließen: In einem neuentwickelten Alzheimer-Tiermodell soll die Wirkung einer chronischen A2A-Rezeptor-Blockade auf die Amyloid-Plaques, die damit assoziierten Entzündungsprozesse im Gehirn und das Gedächtnis untersucht werden – alles unter Bedingungen, die den realen Krankheitsprozess möglichst gut imitieren. Sofern auch diese Studie positive Ergebnisse zeigt, gehe ich davon aus, dass der Weg für klinische Studien geebnet ist.

Solche klinischen Studien am Menschen sind extrem teuer. In den letzten Jahren sind mehrere große klinische Studien für neue Alzheimer-Medikamente gescheitert. Deshalb muss man neue Wirkstoffe zunächst umfassend in geeigneten Tiermodellen testen. Natürlich kann auch dann noch etwas schiefgehen, denn Tier ist nicht gleich Mensch. Häufig wurden aber bisher einfach auch die falschen „Tiermodelle“ verwendet. Wir glauben, dass unsere Modelle wirklich aussagekräftig sind in Hinblick auf die Alzheimer-Krankheit im Menschen.

4. Wann könnte Ihr Ansatz in einer neuroprotektiven Alzheimer-Therapie für die Praxis münden?

Klinische Studien dauern mehrere Jahre. Bis zur Zulassung von A2A-Adenosinrezeptor-Antagonisten als neue Alzheimer-Therapeutika müsste man sich also noch etwas gedulden. Ich bin aber optimistisch, dass solche Studien durchgeführt werden.

5. Haben Sie oder Ihr Kollege Blum vor, sich für ein Anschlussprojekt bei AFI oder LECMA zu bewerben?

Ja, wir haben bereits ein Projekt eingereicht, das die bisherigen Studien perfekt ergänzen würde.

6. Wie empfanden Sie die Zusammenarbeit mit der AFI?

Sehr angenehm und professionell. Auch Frau Schröder, die sich bei uns um die Finanzen kümmert, empfand das so.

7. Was sagen Sie Privatpersonen, die sich für die Forschung einsetzen?

Das Geld ist sehr gut angelegt! Ich kann jedem, der etwas Geld übrig hat, nur empfehlen, die Arbeit der AFI und die Forschung auf diesem wichtigen Gebiet zu unterstützen.

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