Ergebnisse vom weltgrößten Alzheimer-Fachkongress AAIC

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  |   Forschung

Intensivem wissenschaftlichen Austausch widmeten sich sechs Tage lang über 5.000 Wissenschaftler aus 66 Ländern. In Boston, USA, wurden beim weltgrößten Alzheimer-Kongress über 1.800 wissenschaftliche Arbeiten vorgestellt und aktuelle Forschungstrends ebenso wie Problemstellungen und Lösungsansätze diskutiert. Zu den am meisten diskutierten Themen zählten aktuelle Arbeiten zu Schutz- und Risikofaktoren an großen Personengruppen sowie neue Wirkstoffe in unterschiedlichen Phasen wissenschaftlicher Prüfung.

Zusammenhang verfeinert:
Wie Krebs und Alzheimer zusammenhängen

Bereits seit einigen Jahren wird ein Zusammenhang zwischen Krebs und Alzheimer beobachtet und untersucht. So analysierte die US-Forscherin Dr. med. Laura Frain im Rahmen einer Langzeitstudie die Krankendaten von 3,5 Mio. US-Veteranen über 65 Jahren. Keiner der Probanden litt zu Beginn der Studie an Demenz. Ein Ziel der Studie war die Bewertung einer Beziehung zwischen 19 verschiedenen Krebsformen und einer später auftretenden Alzheimer-Erkrankung.

Bestätigt wurde jetzt der Zusammenhang zwischen den meisten Krebserkrankungen und einem von neun bis 51 Prozent verringerten Alzheimer-Risiko. Das Forscherteam fand heraus, dass das Risiko bei Patienten mit Leberkrebs am stärksten reduziert war. Bei Bauspeicheldrüsenkrebs verringerte sich das Risiko um 44, bei Speiseröhrenkrebs um 33, bei Myelom-Patienten um 26 und bei Lungenkrebs um 25 Prozent.

Auf der anderen Seite zeigten die Daten aber auch, dass bei den meisten Krebsüberlebenden ein erhöhtes Risiko von nicht-alzheimerscher Demenz vorlag. Zudem scheint es Krebsarten zu geben, die nicht mit einem verringerten Risiko einhergehen oder sogar mit einem erhöhten Risiko verbunden sind. Dazu zählen Melanome, Prostata- und Darmkrebs. Laura Frain kommentiert die Ergebnisse so: „Es sind weitere Studien notwendig, um festzustellen, ob diese Ergebnisse therapeutische Auswirkungen für Alzheimer haben.“

Wissen ausgebaut:
Schutz vor Alzheimer durch Diabetes-Behandlung

Ein positiver Einfluss des Diabetes-Medikaments Metformin auf kognitive Fähigkeiten wurde bereits in der Vergangenheit beschrieben. So zeigten sich mit dem Mittel behandelte Mäuse im Versuch deutlich lernfähiger als ihre unbehandelten Artgenossen. Als Grund dafür wurde angeführt, dass das Medikament das Zellwachstum im Gehirn fördert.

Eine Forschergruppe um die amerikanische Forscherin Dr. Rachel Whitmer publizierte jetzt eine Studie mit knapp 15.000 Typ-2-Diabetes-Patienten ab 55 Jahren. Die Patienten wurden über einen Zeitraum von fünf Jahren beobachtet. Laut den Ergebnissen wiesen diejenigen, die mit Metformin behandelt wurden, ein um 20 Prozent geringeres Risiko für eine Demenzerkrankung auf als Patienten, die ein anderes Medikament verabreicht bekamen. Rachel Whitmer meint zu den Resultaten: „Diese Ergebnisse bieten vorläufige Beweise dafür, dass Insulinsensitizer wie Metformin nicht nur zur glykämischen Kontrolle, sondern auch zur neurokognitiven Gesundheit beitragen können. Studien an Tieren lassen darauf schließen, dass Metformin zur Bildung neuer Gehirnzellen beitragen und das räumliche Gedächtnis verbessern kann.“

Jedes Jahr zählt:
Höheres Rentenalter, geringeres Demenzrisiko

Die Datensätze von rund 430.000 französischen Selbstständigen wurden in einer Studie der Wissenschaftlerin Dr. Carole Dufouil gründlich unter die Lupe genommen. Die Analyse der Gesundheits- und Versicherungsdaten erbrachte, dass ein späteres Rentenalter mit einem reduzierten Demenzrisiko einhergeht. Mehr noch: Jedes länger gearbeitete Jahr scheint das Demenzrisiko weiter zu senken. Die Wissenschaftler vermuteten, dass Berufstätigkeit durch intellektuelle Stimulation und geistige Aktivität zum Schutz vor Demenzen beiträgt. Dr. Dufouil kommentiert ihre Ergebnisse so: „Mit einer weltweit zunehmend alternden Bevölkerung unterstreichen unsere Ergebnisse die Bedeutung der kognitiven und sozialen Stimulation während des Arbeits- und Rentenlebens und die Notwendigkeit von Richtlinien, die es älteren Menschen erleichtern, kognitiv und sozial engagiert zu bleiben.“

Annahme etabliert:
Subjektive Gedächtnisprobleme als früheste Anzeichen

Gleich fünf aktuell vorgestellte Studien bestätigen die Annahme, dass der selbst festgestellte Abbau geistiger Fähigkeiten tatsächlich ein gültiger Frühindikator für die Alzheimer-Krankheit sein könnte. Subjektiv empfundene Gedächtnisverschlechterungen (Subjective Cognitive Decline, SCD) werden seit einigen Jahren wissenschaftlich untersucht, auch unterstützt durch die Entwicklungen im Bereich der bildgebenden Verfahren. In einer der vorgestellten Studien wurden ältere Erwachsene über einen Zeitraum von durchschnittlich zehn Jahren jährlichen Tests unterzogen. Probanden, die seit der letzten Untersuchung eine Veränderung ihres Gedächtnisses meldeten, wurden bei Nachuntersuchungen nahezu doppelt so häufig mit leichter kognitiver Beeinträchtigung  oder Demenz diagnostiziert als jene, die keine solche Veränderungen berichteten.

Der Bonner Alzheimer-Forscher Prof. Frank Jessen, von 2003-2005 von der AFI gefördert, sagte vor einem Jahr im AFI-Interview: „Wir haben die Gruppe von Patienten, die damals von der AFI gefördert wurde, kontinuierlich weiter untersucht. Wir sehen jetzt, dass die Personen mit subjektiven Gedächtnisstörungen sich in ihren Gedächtnisleistungen langsam verschlechtern. Diese Verschlechterung konnte aber erst nach mehreren Jahren der Verlaufsuntersuchung nachgewiesen werden. Die Forschung ist deshalb so zeitintensiv, weil sich die Alzheimer-Erkrankung im Gehirn der Menschen sehr langsam entwickelt und die Gedächtnisverschlechterung als Folge davon auch erst nach Jahren langsam auftritt.“

Bereits Ende 2012 durch Frank Jessen initiiert, gab eine Gruppe von Forschern in Boston jetzt die Gründung der „Subjective Cognitive Decline Initiative“ (SCD-I) bekannt, die eine gemeinsame Agenda für die Erforschung von subjektiv empfundenen Gedächtnisverschlechterungen entwickeln soll.

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